Ausstellungspraxis des LKB


 

Anmerkungen von Klaus Zeitz

Im Lippischen Künstlerbund haben sich Profikünstler zusammengeschlossen, weil sie davon überzeugt sind, dass sie bestimmte künstlerische Anliegen gemeinsam besser verwirklichen und nach außen vertreten können. Zur Zeit beschäftigt den LKB allerdings das Problem, keine kleineren Ausstellungen mehr veranstalten zu können, da sein bisheriges, hervorragend dafür geeignetes und gut präpariertes Domizil in der Remise am Schloss Brake nicht mehr zur Verfügung steht. Ebenso wie dieser Raum fielen die bestens für Ausstellungszwecke ausgestatteten Räume der Orangerie dem Sparwillen der Öffentlichen Hand zum Opfer. Sie sind vermietet und werden zweckentfremdet genutzt, z.B. als Lagerraum. Bedauerlicherweise kann, ohne ein eigenes Raumangebot machen zu können, auch nicht an einen Ausstellungsaustausch mit anderen Künstlervereinigungen gedacht werden. Doch es gibt Hoffnung!

Die Stadt Detmold wird 2022 das ehemalige Medical Center der Britischen Armee zu einem Begegnungs- und Ausstellungszentrum für bildende Kunst umbauen. Hieran ist der LKB zusammen mit anderen Künstlervereinigungen intensiv beteiligt. Eine erste Ausstellung oder Ausstellungsreihe ist noch vor dem Umbau im Frühjahr 2021 geplant.

Im Zentrum der Aktivitäten der LKB-Mitglieder stehen natürlich weiterhin die verschiedenartigen Gemeinschaftsausstellungen, die im Verlauf bestimmter Zeiträume in größeren Räumlichkeiten anderer Einrichtungen veranstaltet werden. Die besondere Aufmerksamkeit gilt dabei den Themenausstellungen, deren Themenfindung auf der Basis der Vorschläge der Mitglieder erfolgt. Ein Thema wird von der LKB-Jury ausgewählt und als Ausschreibung formuliert. Die Künstlerinnen und Künstler recherchieren gegebenenfalls notwendige Informationen, um dann ihre Beiträge für die aktuelle Ausstellung zu gestalten.
Bevor diese Beiträge in die Präsentation gelangen können, müssen sie die Ausstellungsjury überzeugen. Derartige Themenausstellungen sind mit Risiken verbunden, da die Exponate frische Kunst darstellen, Kunst, die noch nicht «abgehangen» ist, Kunst, die (zum Glück) nicht frei von Gegensätzen ist, die noch nicht durch die Filter kunstvereinsästhetischer Maßstäbe besänftigt und die noch nicht einmal durch kommerzielle Erfolge geadelt wurde. Auch können derartige Ausstellungen kaum die Geschlossenheit aufweisen, wie solche Darbietungen, die nur einem Künstler oder gar nur einer seiner Werkgruppen gewidmet sind. Dazu kommt: Nicht alles überzeugt alle, nicht alle haben zu allem Zugang.
Erstaunlicherweise werden die Besucherzahlen der LKB-Ausstellungen, speziell der Themenausstellungen, davon kaum berührt. Die Eröffnungen werden von mal zu mal besser besucht, die beiden letzten vor Corona waren sogar schon ein wenig zu voll. Die Vielfalt der Werke und Künstler*innen begeistert das Publikum. "Hinter jeder Ecke eine neue Überraschung!", beschrieb es eine Besucherin einmal.
Betrachtet man die besonders erfolgreichen kulturellen Angebote der Metropolen wie z.B. die MoMa-Ausstellung in Berlin, könnte der Eindruck entstehen, dass aus diesen «Events» Maßstäbe für die Qualität künstlerischer Veranstaltungen gewonnen werden können. Wenn man jedoch bedenkt, mit welchem Aufwand an Geld, Werbung, Promotion und Publik-Relations diese Events kulturindustriell gemanagt werden, ist der Publikumsandrang kaum verwunderlich. Häufig basiert dieser «wie aus einem Guss»-Anschein jedoch auf dem Warencharakter der ästhetischen Produkte. Diese Groß-Events schaffen bemerkenswerte Quoten! Ob sich darin aber ein selbstinitiiertes Interesse der Konsumenten an ernsthafter Auseinandersetzung mit Werken der Kunst manifestiert, sei dahingestellt.

Ähnlich kostspielige Ereignisse sind in Lippe gar nicht zu realisieren, was durchaus kein Nachteil sein muss, nämlich dann, wenn man sich auf das eigene kreative Potenzial besinnt und versucht, nicht nur von Kulturimporten zu leben. Durch regionale oder lokale Vernetzungen der Kulturschaffenden und der Kulturinstitute können kulturelle Zentren entstehen, innerhalb derer Projekte verwirklicht werden, die nur gemeinsam zu stemmen sind. Das ehemalige Medical Center in Detmold soll so ein Zentrum werden. So kann man langfristig das eigene Profil stärken, die übliche Zersplitterung einschränken, sowie die Identifikation der Akteure und des Publikums mit ihrer Region festigen.
Ähnliche Überlegungen stellt der Komponist und Philosoph Moritz Gagern an, wenn er schreibt: «Der Babylonische Turm müsste heute, angesichts der so missglückenden Sehnsucht nach Mitte, weniger für den schmerzhaften Verlust der einen gemeinsamen Sprache stehen als für die Utopie der dezentralen Vielfalt, der lokalen Orientierung und des sich jeweils erhaltenden Ortes, um nicht alle Kultur als Lokalkolorit eines einzigen, weltweit lückenlosen Einkaufszentrums zu verstehen. Die Globalisierung nimmt eine andere Richtung, sie homogenisiert die Vielfalt eher, wenn alltagskulturelle Fragen nicht kompetent vor Ort entschieden werden, sondern von durchsetzungsfähigen Individuen in internationalen Unternehmen, die das Terrain ihres Einflusses nicht mehr überblicken können. Schleichend wird dabei zivilisatorisches Kapital verschenkt.»(Programmheft MärzMusik Festival für aktuelle Musik Berlin 2007)
Wenn möglichst viele Vertreter aller künstlerischen Sparten und Institutionen in Lippe intensiver miteinander kommunizieren und kooperieren, können die Chancen größer sein, dass kulturelle Regionalität nicht zu kultureller Provinzialität führt.